EDITORIAL Und wenn ich in der letzten Ausgabe formulierte „Alles wird anders, wir wissen nicht wie – aber anders wird es wohl“ hatte ich keine Ahnung, wie schnell das deutlich erlebbar wird. Denn diese Krise forderte Vieles, das in der Welt der schnellen Erfolge und der Gewinnmaximierung scheinbar ins Hintertreffen geraten war. Vor allem Disziplin und Vernunft! Wenn auch mit zunehmender Dauer der Einschränkungen mehr und mehr Unfrieden aufkam – war es nicht erstaunlich, wie gehorsam auf staatlich verordnete Maßnahmen reagiert wurde? War es nicht besonders, wieviel Solidarität aufkeimte, wenn Einzelne sich nicht mehr versorgen konnten? Ich verweise bewusst auf das Positive; die Toiletten- papier-Hamsterer, die Lautschreier usw. hatten und haben Bühne genug. Müssen wir jetzt nicht darum ringen, dass die wiedergefundene und für wertvoll erachtete Menschlichkeit nach der Krise diesen Wert behält? Das zweite Wort allgemein benutzte Wort ist „Krise“ – schnell wurde die Ausbreitung des Sars-CoV-2 Virus zur Krise. Wenn auch sicher scheint, dass die immer noch nicht genau abschätzbare Todesrate des Virus vielleicht niedriger ist als die einer Grippewelle, besteht das Risiko darin, dass eine ungebremste exponentielle Verbreitung die Gesundheitssysteme überfordern würde. Diesmal hatten wir keine Wahl – anders als bei der „Klimakrise“ waren wir zum sofortigen Handeln gezwungen. Denn durch eine Infektion mit diesem Virus starben und sterben weiterhin weltweit Menschen, scheinbar schneller, in jedem Fall mehr wahrgenommen als durch den Klimawandel, der als Todesursache nicht so eindeutig zu benennen ist. Allerdings war und ist diese Krise für jeden anders erlebbar. Die einen mokieren sich über Maskenpflicht, Hygiene und Abstandsregeln, fordern mit lauter Stimme die Rückkehr zur den Grundrechten, die ihnen angeblich widerrechtlich vorenthalten würden, während andere wahrlich litten: die lungenkranke Oma, die ihre Enkelkinder nicht mehr sehen darf, was ihr vielleicht auf Dauer früher das Herz bricht als dass sie an Corona stirbt. Der sterbende Mann im Hospiz, der einsam auf den Tod warten musste, weil ihn monatelang niemand mehr besuchen durfte. Diese Momente führen einem die Traurigkeit der Lage vor Augen. Da gab es Opfer, die einen persönlich betreffen und die in keiner Statistik auftauchen. Masken und Hygiene sind dagegen lächerlich einfach umzusetzen. Für uns alle erlebbar, wurde die Corona-Krise zum Schauplatz, auf dem sich Fakten und Vermutungen wild vermischen. Jedermann fühlt sich berufen, hochkomplexe medizinische Fragen mit dem gesunden Menschenverstand zu erklären. Dabei ist die entscheidende Frage ungeklärt: Wie gefährlich ist Sars- CoV-2 wirklich? Die Medizin hat sich in die Öffentlichkeit begeben, sie hat alle Entwicklungen und Erkenntnisse so transparent wie möglich dargelegt. Die Welt verfolgt gebannt, welche Fortschritte sie macht, hin und her schwankend zwischen Panik und Euphorie. Vieles spricht dafür, dass wir das bereits Gewonnene nicht durch vorschnelle Aufweichung der Spielregeln gefährden sollten. Solange die Unsicherheit noch gegeben ist, machen Einschränkungen weiterhin Sinn. Allerdings stieg der Druck aus Gesellschaft und Wirtschaft dermaßen, dass die Politik den eingeschlagenen Weg aufweichte, und so reden wir nun über Lockerungen und über das Wiederanlaufen. So oder so, ich sehe die Werkfeuerwehren am Ende der Lockerungsschlange – das Risiko bleibt nicht kalkulierbar. Disziplin, Vernunft und Solidarität müssen uns auch weiter begleiten, auf dem Weg hin zur Normalität, zur „neuen“ Normalität, die uns sicher Veränderungswillen abverlangen wird. Wenn man auf die digitalen Workflows und virtuellen Meetings während der Krise schaut, ist zu vermuten, dass die Krise der Digitalisierung einen Schub verleiht. Alles wird anders, aber ehrlich, mir fehlt der persönliche Kontakt. Deshalb musste ich mich auch erst mit dem Gedanken an ein neues Format für unser Symposium an- freunden! Wir treffen uns am 22. September alle miteinander online – und nicht wie sonst Schulter an Schulter in Bad Dürkheim. Bei annähernd konstanter Teilnehmerzahl wäre unser Platzbedarf wegen der geltenden Abstands- und Hygieneregeln so groß, dass die Kapazitäten unseres gewohnten Tagungs- hotels bei weitem nicht ausreichen. Die aktuellen Einschränkungen von Bundesregierung und Bundeslän- der taten ein Übriges. Deshalb findet unser Symposium zum ersten Mal als „WF Aktuell online“ statt. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, ich kann Ihnen jetzt schon versprechen: Das wird zwar anders, aber richtig klasse! Die Themen sind gesetzt – und wir werden die große Bandbreite der Interaktionsmöglichkeiten nicht nur nutzen, um miteinander zu diskutieren. Lassen Sie sich überraschen und machen Sie mit! > 5